3 Umsetzung völkerrechtlicher Verträge durch Verordnungen

3.1 Voraussetzungen

3.1.1  Ein völkerrechtlicher Vertrag, der sich nach seinem Inhalt auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht (Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), bedarf keines Vertragsgesetzes, wenn er auf Grund einer Verordnungsermächtigung nach Artikel 80 Absatz 1 des Grundgesetzes innerstaatlich in Kraft gesetzt werden kann. Die Verordnungsermächtigung muss – über die in Artikel 80 Absatz 1 des Grundgesetzes genannten Voraussetzungen hinaus – auslandsbezogen, d. h. mindestens auch auf die Umsetzung völkerrechtlicher Verträge gerichtet sein. Ergibt der Wortlaut hierüber keinen Aufschluss, ist im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der im ermächtigenden Gesetz behandelten Materie und der Praxis bei der Regelung des Rechtsbereichs durch völkerrechtliche Verträge zu ermitteln, ob die Verordnungsermächtigung auch die Inkraftsetzung völkerrechtlicher Verträge umfasst.

3.1.2  Als häufigste Anwendungsfälle sind zu nennen:

(a)
Verordnungsermächtigungen zur Umsetzung bestimmter Arten von Verträgen unabhängig davon, mit welchem Staat die Verträge geschlossen werden (Verträge über Vorrechte und Befreiungen für Internationale Organisationen; Pass und Sichtvermerkswesen; Außenwirtschaft; Internationaler Verkehr; Fischerei; Soziale Sicherheit u. a.),
(b)
Verordnungsermächtigungen zur Umsetzung von Änderungen oder Ergänzungen zu zwei- oder mehrseitigen Verträgen (s. o. 2.3).

3.2 Fassung der vertragsbezogenen Verordnung

Für die Fassung der Verordnung gelten Nummer 1 sowie Nummer 2.1 dieser Richtlinien entsprechend, soweit im Folgenden nichts Abweichendes bestimmt ist. Soll die Verordnung Straf- oder Bußgeldvorschriften enthalten (s. o. Nummer 2.2), ist Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes zu beachten. Die völkerrechtlichen Übereinkünfte sowie die zu ihrer Inkraftsetzung erlassene Verordnungen werden im Bundesgesetzblatt Teil II veröffentlicht und im Fundstellennachweis B dokumentiert; innerstaatliche Regelungen der Durchführung von Übereinkommen werden im Fundstellennachweis A erfasst.

3.2.1  Grundsatz

Es gilt das unter 1.2.1 zur Gesetzesüberschrift Gesagte. Auf umständliche Formulierungen wie „Verordnung zur Inkraftsetzung des Vertrages ...“ sollte verzichtet werden.

3.2.2 Eingangsformel

In der Eingangsformel zur Verordnung ist die ermächtigende gesetzliche Bestimmung ausdrücklich anzugeben (Artikel 80 Absatz 1 Satz 3 des Grundgesetzes). Im Gegensatz zu den Eingangsformeln von Gesetzen wird in der Eingangsformel von Rechtsverordnungen nicht erwähnt, ob die Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates ergangen ist. Bei Rechtsverordnungen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, erscheint auf Grund einer Vereinbarung zwischen Bundesrat und Bundesregierung diese Angabe erst in der Schlussformel der Rechtsverordnung.

3.2.3  Einteilung

Auch Verordnungen zur Umsetzung völkerrechtlicher Verträge sind im Regelfall in Artikel und – soweit notwendig – in Absätze zu gliedern (§ 73 Absatz 3 Satz 3 in Verbindung mit § 62 Absatz 2 Satz 1, § 42 Absatz 2 Satz 1 und Anlage 6 Nummer 3 GGO).

3.2.4  Inkraftsetzungsformel (Artikel 1)

Im Regelfall lautet Artikel 1 der Verordnung bei mehrseitigen Verträgen:

„Der in ... am ... von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnete Vertrag [o. Ä.] vom ... über [zum, zur o. Ä.] ... wird hiermit in Kraft gesetzt. Der Vertrag [o. Ä.] wird nachstehend (mit einer amtlichen deutschen Übersetzung) veröffentlicht.“

Bei zweiseitigen Verträgen sind auch die Vertragsparteien aufzunehmen:

„Der in ... am ... unterzeichnete Vertrag [o. Ä.] zwischen der Bundesrepublik Deutschland und ... über [zum, zur o. Ä.] ... wird hiermit in Kraft gesetzt. Der Vertrag [o. Ä.] wird nachstehend veröffentlicht.“

3.2.5  Zeitpunkt des Inkrafttretens und des Außerkrafttretens (im Regelfall: Artikel 2)

Steht der Tag des Inkrafttretens des völkerrechtlichen Vertrages bei Erlass der Verordnung fest, sollen die Inkrafttretensregelung und die Regelung über das Außerkrafttreten wie folgt gefasst werden:

„(1)   Diese Verordnung tritt am ... in Kraft. Am selben Tag tritt ... [Kurzbezeichnung des völkerrechtlichen Vertrages] nach seinem Artikel ... Absatz ... für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft.

 (2)  Diese Verordnung tritt an dem Tag außer Kraft, an dem der Vertrag für die Bundesrepublik Deutschland außer Kraft tritt. Der Tag des Außerkrafttretens ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.“

Lässt sich der Zeitpunkt des Inkrafttretens des völkerrechtlichen Vertrages für die Bundesrepublik Deutschland noch nicht absehen, lautet die Regelung im Regelfall:

„(1)   Diese Verordnung tritt an dem Tag in Kraft, an dem ... [Kurzbezeichnung des völkerrechtlichen Vertrages] nach seinem Artikel ... Absatz ... für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt.

 (2)  Diese Verordnung tritt an dem Tag außer Kraft, an dem der Vertrag für die Bundesrepublik Deutschland außer Kraft tritt.

 (3)  Der Tag des Inkrafttretens und der Tag des Außerkrafttretens sind im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.“

In diesen Fällen ist in der Verordnung also zusätzlich die spätere Bekanntgabe des Inkrafttretens der Verordnung und des völkerrechtlichen Vertrages vorzusehen.

Bei zweiseitigen Verträgen entfällt der Zusatz „für die Bundesrepublik Deutschland“.


3.3 Schlussformel

Einer Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, wird folgende Schlussformel angefügt:

„Der Bundesrat hat zugestimmt.“

Die Schlussformel endet mit der Angabe des Ortes und des Datums der Ausfertigung.


3.4 Begründung der Verordnung

Zur Vorlage einer Verordnung im Kabinett gehört die Beifügung einer Begründung (§ 73 Absatz 3 Satz 3 in Verbindung mit § 62 Absatz 2 Satz 1 und  § 42 Absatz 1 GGO). Eine Begründung muss insbesondere beigefügt werden, wenn das Recht der Europäischen Union berührt ist, wenn die Verordnung der Zustimmung des Bundesrates bedarf, wenn sie im ermächtigenden Gesetz noch nicht dargestellte finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte oder wenn sie Auswirkungen auf Einzelpreise und auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau hat (§ 73 Absatz 3 Satz 3 in Verbindung mit § 62 Absatz 2 Satz 2 und § 44 GGO).

Wird die Verordnung auf mehrere Rechtsgrundlagen gestützt, sollte in der Begründung erläutert werden, auf welcher Rechtsgrundlage die einzelnen Vorschriften jeweils beruhen.

Im Übrigen gilt Nummer 1.3 dieser Richtlinien entsprechend.


3.5     Schlussbemerkung und Denkschrift

Für die Schlussbemerkung zur Verordnung und für die Denkschrift gelten Nummer 1.4 und Nummer 1.5 dieser Richtlinien entsprechend.