Teil D Änderungsgesetze

2Das Ablösungsgesetz

504

Die Ablösung ist eine Möglichkeit, Änderungen zu gestalten. Sie ist eine Alternative zur Einzelnovelle (Rn. 516 ff.).

505

Durch das Ablösungsgesetz wird ein neues Stammgesetz geschaffen, das an die Stelle eines oder mehrerer geltender Gesetze tritt. Das umfangreiche Änderungspensum wird hier nicht wie bei der Novelle dadurch bewältigt, dass einzelne Textstellen geändert werden, sondern es wird der gesamte Wortlaut des künftigen Stammgesetzes neu beschlossen. Diese Rechtsetzung wird auch als konstitutive Neufassung bezeichnet. Das „alte“ Stammgesetz wird aufgehoben.

Das Ablösungsgesetz ist wie die Erstregelung in der Regelungssprache abgefasst. Daher wird aus dem neuen Stammgesetz nicht ersichtlich, was gegenüber dem bisherigen Stammgesetz unverändert bleibt und was geändert worden ist.

506

Das Ablösungsgesetz entspricht gesetzestechnisch einer Erstregelung, z. B. hinsichtlich der Überschrift, der Eingangsformel, der Gliederung und der Schlussformel. Es bedarf stets der Zustimmung des Bundesrates, wenn es zustimmungsbedürftige Vorschriften enthält; es kommt nicht darauf an, ob diese Vorschriften bereits so im „alten“ Stammgesetz vorhanden waren.

507

Das Ablösungsgesetz darf auf keinen Fall den Eingangssatz „Das Gesetz … wird wie folgt gefasst: …“ enthalten. Ein solcher Eingangssatz würde die Ablösung verhindern. Der Wortlaut würde ausgetauscht, aber es wäre nach wie vor das „alte“ Gesetz, das mit seiner bisherigen Fundstelle zitiert werden müsste.

508

Das Ablösungsgesetz hat in der Regel dieselbe Bezeichnung wie das abgelöste Gesetz. Der Gesichtspunkt, dass die Bezeichnung ein Stammgesetz von anderen Stammgesetzen abgrenzen muss (Rn. 324), spielt hier keine entscheidende Rolle, weil das Ablösungsgesetz an die Stelle des bisherigen Stammgesetzes tritt. Im Übrigen lassen sich die beiden Gesetze durch das Ausfertigungsdatum und die Fundstelle unterscheiden.

509

Auch die amtliche Abkürzung des abgelösten Stammgesetzes sollte beibehalten werden. In der Datenbank des Bundesrechts bei juris wird bei den Abkürzungen von Ablösungsgesetzen die jeweilige Fassung kenntlich gemacht, indem der amtlichen Abkürzung die Jahreszahl angehängt wird. Der Nutzer kann gleichwohl mit der amtlichen Abkürzung erfolgreich in der Datenbank suchen.

Beispiel:
Telekommunikationsgesetz (TKG):
Gesetz vom 25. Juli 1996 (BGBl. I S. 1120): juris-Abkürzung „TKG“,
Ablösungsgesetz vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190): juris-Abkürzung „TKG 2004“.

510

Da es sich bei dem Ablösungsgesetz um ein neues Stammgesetz handelt, wird es künftig wie eine Erstregelung, also mit (Kurz-)Bezeichnung, Ausfertigungsdatum und Verkündungsfundstelle zitiert (Rn. 169 ff.).

511

Im Zuge einer konstitutiven Neufassung sind Verbesserungsmöglichkeiten, insbesondere in sprachlicher und rechtssystematischer Hinsicht, umfassend auszuschöpfen; dabei sind die Ausführungen in den Teilen B und C zu beachten.

512

Besonders sorgfältig sind Verweisungen auf das „alte“ Stammgesetz in anderen Rechtsvorschriften zu überprüfen. Gleitende Verweisungen auf das abgelöste Gesetz können zuweilen als Verweisungen auf das Ablösungsgesetz bestehen bleiben. Das setzt voraus, dass die Bezeichnung des abgelösten Gesetzes beibehalten und der Standort der Bezugsnorm nicht verändert wurde. Mit Hilfe der Datenbank des Bundesrechts bei juris (Rn. 33) können alle Vorschriften (Ausgangsnormen) in anderen Gesetzen und Verordnungen ermittelt werden, die bisher auf Vorschriften des alten Stammgesetzes verwiesen haben. Die Ausgangsnormen müssen einzeln darauf überprüft werden, ob die Verweisungen inhaltlich noch richtig und die Zitate in Ordnung sind. Gegebenenfalls müssen sie im Rahmen von Folgeänderungen (Rn. 515) angepasst werden.

513

Kennzeichen und notwendiger Bestandteil jedes Ablösungsgesetzes ist die Regelung über das Außerkrafttreten der bisherigen Rechtsvorschriften. Das abzulösende Stammgesetz muss ausdrücklich aufgehoben werden; ersetzt das Ablösungsgesetz mehrere Stammgesetze, so müssen alle aufgeführt werden.

514

Die Regelung über das Außerkrafttreten wird mit der Inkrafttretensregelung zusammengefasst. Diese Vorschrift erhält die Überschrift „Inkrafttreten, Außerkrafttreten“. Das abzulösende Gesetz wird mit dem Vollzitat angegeben (Rn. 169), d. h. mit dem Zitiernamen, ggf. dem Datum der Ausfertigung oder Bekanntmachung, der Fundstelle und ggf. dem Änderungshinweis.

Beispiel:
Das Beherbergungsstatistikgesetz vom 14. Juli 1980 wird durch das Beherbergungsstatistikgesetz vom 22. Mai 2002 abgelöst.

§ 8 des Beherbergungsstatistikgesetzes vom 22. Mai 2002 (BGBl. I S. 1642):

§ 8
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2003 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Beherbergungsstatistikgesetz vom 14. Juli 1980 (BGBl. I S. 953), das zuletzt durch Artikel 5 Nummer 6 des Gesetzes vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1765) geändert worden ist, außer Kraft.

515

Werden Folgeänderungen in anderen Rechtsvorschriften erforderlich (z. B. Anpassung von Ausgangsnormen in anderen Stammgesetzen oder in Stammverordnungen), so ist der Entwurf als Mantelgesetz zu fassen. Artikel 1 enthält dabei das neue Stammgesetz. Für die Folgeänderungen sind ein oder mehrere Artikel in der Reihenfolge der Gliederungsnummern des Fundstellennachweises A (Rn. 26) vorzusehen. Anders als das Stammgesetz sind die Artikel mit den Folgeänderungen in der Änderungssprache zu fassen. Die zum Mantelgesetz ausgesprochenen Empfehlungen, insbesondere auch zur Bildung der Überschrift, sind zu beachten (Rn. 717 ff.). Muss in den Folgeänderungen das Ablösungsgesetz mit dem Vollzitat angegeben werden, so werden die noch nicht feststehenden Teile vorerst durch einen Einsetzungsbefehl ersetzt.

Beispiel:
§ … des … [Zitiername des Gesetzes] vom … [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle dieses Gesetzes] ist entsprechend anzuwenden.