Teil C Stammgesetze

1Überschrift des Stammgesetzes

1.1Bedeutung und Bestandteile der Überschrift

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Jedes Stammgesetz muss eine Überschrift haben. Sie gehört zum amtlichen Wortlaut des Gesetzes. Die Festlegung der Überschrift ist regelmäßig der letzte Arbeitsschritt am Entwurf, denn die Überschrift ist vom Inhalt abhängig. Bis dahin handelt es sich nur um einen Arbeitstitel. Änderungen des Inhalts verlangen die Überprüfung des Arbeitstitels. Auch im Deutschen Bundestag wird über die Überschrift (und die Eingangsformel) in der zweiten Lesung eines Gesetzentwurfs zuletzt beraten und erst beschlossen, wenn der Wortlaut des Gesetzes feststeht (§ 81 Absatz 2 Satz 1 der Geschäftsordnung des Bundestages – GOBT50).

50Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1980 (BGBl. I S. 1237), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 26. September 2006 (BGBl. I S. 2210) geändert worden ist. Die aktuelle Fassung der Geschäftsordnung kann über die Homepage des Deutschen Bundestages (www.bundestag.de) abgerufen werden.
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Die Überschrift setzt sich aus Bezeichnung, Kurzbezeichnung und Abkürzung zusammen. Die Festlegung einer Bezeichnung ist zwingend, Kurzbezeichnung und Abkürzung sollten entsprechend den nachfolgenden Empfehlungen hinzugefügt werden.

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Von der Überschrift ist der Zitiername eines Gesetzes zu unterscheiden. Er soll den Gegenstand des Gesetzes erkennen lassen. Er soll so kurz sein, dass er die Verständlichkeit einer Norm nicht beeinträchtigt, in der das Gesetz zitiert wird. Gelingt es, eine solche Bezeichnung zu bilden, erübrigt sich die Bildung einer Kurzbezeichnung und die Bezeichnung ist der Zitiername.

1.2Bezeichnung

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Die Bezeichnung gibt Auskunft über Rang und Inhalt des Gesetzes. Sie dient insbesondere dazu, das Gesetz zu finden, von anderen Gesetzen abzugrenzen und zu zitieren (Rn. 173).

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Die Bezeichnung muss erkennen lassen, dass es sich um ein Gesetz handelt. Das geschieht durch die Rangangabe, die das Gesetz ausdrücklich als Gesetz bezeichnet. Diese Rangangabe ist erforderlich, um das Gesetz von nachrangigem Recht, z. B. von Rechtsverordnungen, abzugrenzen.

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Die Rangangabe kann um einen Teil der Inhaltsangabe erweitert werden. Erweiterte Rangangaben sind bei Ausführungs-, Durchführungs- und Einführungsgesetzen üblich. Ausführungs- und Durchführungsgesetze können zu internationalen Verträgen und zu Rechtsakten der Europäischen Union ergehen.

Beispiel:
Gesetz zur Ausführung des UNESCO-Übereinkommens vom 14. November 1970 über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut …

Einführungsgesetze (Rn. 756 ff.) werden in erster Linie bei großen Kodifikationen (z. B. Bürgerliches Gesetzbuch, Strafgesetzbuch, Gerichtsverfassungsgesetz) erlassen und enthalten Übergangsregelungen (Rn. 412 ff.).

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Die Rangangabe „Gesetz“ oder die erweiterte Rangangabe steht im Regelfall am Anfang der Bezeichnung. Die Rangangabe kann am Ende der Bezeichnung stehen, wenn ein Begriff gefunden wird, der prägnant genug ist, um allein den Inhalt des Gesetzes zu beschreiben.

Beispiele:
Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm
Bundesbeamtengesetz

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An die Rangangabe schließt sich die Inhaltsangabe an, die eine kurze Beschreibung des Inhalts des Gesetzes enthält. Dabei soll das Wort „betreffend“ vermieden werden. Je nach Regelungsgegenstand können z. B. die Wörter „zur“, „zum“, „über“, „gegen“ verwendet werden.

Zur Inhaltsangabe sollen aussagekräftige Begriffe verwendet werden, die den Regelungsgegenstand erkennen lassen und das Stammgesetz auffindbar machen. Es genügt, den Gegenstand stichwortartig wiederzugeben.

Beispiele:
Gesetz über die Umweltverträglichkeit von Wasch- und Reinigungsmitteln
Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz
Gesetz zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie

Werden neuartige Sachverhalte geregelt, kann es zweckmäßig sein, eine etwas ausführlichere Bezeichnung vorzusehen, insbesondere wenn noch eine Kurzbezeichnung (Rn. 331 ff.) gebildet wird.

Beispiel:
Gesetz zur Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 21. Juni 1991 zur Vollendung der Einheit Deutschlands

Es sollte jedoch nicht versucht werden, in der Bezeichnung den wesentlichen Regelungsinhalt des Gesetzes zu wiederholen, da sich das Gesetz sonst nur äußerst schwer zitieren ließe.

Fehlbeispiel:
Gesetz zur Ausführung des Übereinkommens auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union vom 26. Juli 1995 über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich, zu dem Protokoll gemäß Artikel 34 des Vertrags über die Europäische Union vom 8. Mai 2003 zur Änderung des Übereinkommens über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich hinsichtlich der Einrichtung eines Aktennachweissystems für Zollzwecke sowie zur Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates vom 13. März 1997 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung

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In der Bezeichnung des Gesetzes ist auf Klammerzusätze zu verzichten, die Erläuterungen enthalten oder als Schlüsselbegriff ein Rechtsgebiet kennzeichnen. Auch derartige Zusätze beeinträchtigen die Zitierbarkeit. Klammerzusätze in der Überschrift sind Kurzbezeichnungen und Abkürzungen vorbehalten.

Fehlbeispiel:
Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung)

330

Hat das Stammgesetz einen Bezug zum Recht der Europäischen Union, so kann dies in der Überschrift kenntlich gemacht werden (Rn. 312).

1.3Kurzbezeichnung

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Häufig ist die Bezeichnung so lang, dass sie sich nicht als Zitiername eignet. Dann ist eine Kurzbezeichnung zu bestimmen, die das Zitieren erleichtert. Die Kurzbezeichnung wird der Bezeichnung als Klammerzusatz angefügt.

Beispiel:
Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz – …)

332

Ist eine Kurzbezeichnung festgelegt, ist nur diese als Zitiername zu verwenden (Nummer 1 Satz 3 der Anlage 6 zu § 42 Absatz 2 GGO).

333

Die Kurzbezeichnung ist ein zusammengesetztes Hauptwort, das aus einem oder gelegentlich mehreren Schlüsselbegriffen und der Rangangabe besteht.

334

Eine Wortzusammensetzung (Rn. 77) ist als Kurzbezeichnung unter dem Gesichtspunkt der Wortwahl unbedenklich. Denn auch eine lange Wortzusammensetzung, wenn es sich nicht um ein Wortungetüm handelt, behindert den Lesefluss hier kaum: Als Zitiername verwendet (Rn. 332) wird sie als Zeichen für das Gesetz wahrgenommen und daher schnell erfasst.

Beispiel:
Gesetz über die Verwendung von Verwaltungsdaten für Zwecke der Wirtschaftsstatistiken (Verwaltungsdatenverwendungsgesetz – …)

335

Die Schlüsselbegriffe, die in der Kurzbezeichnung verwendet werden, sollten der Bezeichnung entnommen sein. Die Schlüsselbegriffe sind sorgfältig auszuwählen. Werden hierfür z. B. Wörter oder Endungen aus der Bezeichnung ausgespart, können zwar Unschärfen und Verkürzungen entstehen. Das ist hier aber im Gegensatz zu anderen Wortzusammensetzungen akzeptabel (Rn. 77).

Beispiel:
Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz)

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Es kann ausnahmsweise eine Kurzbezeichnung gebildet werden, die Schlüsselbegriffe der Bezeichnung nicht wiederholt, sondern den Inhalt des Gesetzes durch ein anderes Schlagwort zusammenfasst, insbesondere wenn bei der Regelung neuartiger Sachverhalte eine ausführlichere Bezeichnung gewählt wird. Diese Vorgehensweise hat jedoch den Nachteil, dass der Zusammenhang von Bezeichnung und Kurzbezeichnung nicht mehr ohne weiteres erkennbar ist.

Beispiel:
Gesetz zum Schutz vor Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch das Verbreiten von hochwertigen Erdfernerkundungsdaten (Satellitendatensicherheitsgesetz – SatDSiG)

Fehlbeispiel:
Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen (REIT-Gesetz)

337

Die Rangangabe steht in der Kurzbezeichnung immer am Ende.

Beispiele:
Informationsweiterverwendungsgesetz
Richterwahlgesetz

Als Rangangabe wird das Wort „Gesetz“ verwendet. Die Rangangabe „Gesetzbuch“ sollte größeren Kodifikationen vorbehalten bleiben, wie etwa dem Handelsgesetzbuch, dem Baugesetzbuch oder einem Umweltgesetzbuch.

338

Das Wort „Ordnung“ soll als Rangangabe bei neuen Gesetzen nicht mehr verwendet werden, denn es lässt nicht eindeutig erkennen, ob damit ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung bezeichnet wird.

339

Die Kennzeichnung als „Bundesgesetz“ ist zulässig, wenn dies zur Unterscheidung von Landesgesetzen notwendig ist. Dies setzt voraus, dass wenigstens in einem Bundesland ein Stammgesetz mit sonst gleichem Zitiernamen besteht. Die Länder haben jedoch weitgehend ihre Gesetze als Landesgesetze bezeichnet.

Beispiel:
Bundes-Immissionsschutzgesetz

Zulässig ist der Zusatz „Bundes-“ auch dort, wo Aufgaben, Aufbau, Verfahren usw. einer Bundeseinrichtung geregelt werden, die mit einer Landeseinrichtung verwechselt werden könnte. In vielen Fällen ist der Zusatz „Bundes-“ jedoch bereits Teil des Eigennamens der Einrichtung (z. B. Bundeszentralregister, Bundesarchiv).

340

Eine Jahreszahl gehört grundsätzlich nicht zur Bezeichnung eines Stammgesetzes. Hiervon gibt es lediglich zwei Ausnahmen:

  • Jahreszahlen sind zum einen in der Bezeichnung von Gesetzen möglich, die eine zeitlich begrenzte Maßnahme wiederkehrender Art regeln. Dies gilt etwa für statistische Erhebungen (z. B. Mikrozensusgesetz 2005). Die Besonderheit dieser Gesetze liegt darin, dass sich ihr Regelungsgehalt erledigt, sobald sie vollständig durchgeführt sind, aber gleichartige Regelungen immer wieder notwendig werden (vgl. Rn. 481).
  • Zum anderen kann im sog. Jahresstammgesetz die Jahreszahl Bestandteil der Bezeichnung sein, wenn spezielle Sachverhalte und Rechtsfolgen für ein bestimmtes Kalenderjahr geregelt werden, z. B. in Haushaltsgesetzen.

Davon sind Stammgesetze zu unterscheiden, deren Regelungen sich – wie etwa Steuergesetze – am Geschäftsjahr orientieren. Hierbei handelt es sich um auf Dauer angelegte Gesetze, die nur bei Bedarf geändert werden. Nur so – ohne Jahreszahl – wird auf den ersten Blick ersichtlich, dass es sich um Regelungen handelt, die auf Dauer angelegt sind.

1.4Abkürzung

341

Für ein Gesetz soll eine Abkürzung festgelegt werden. Die Abkürzung ist grundsätzlich eine Buchstabenfolge. Wie die Bezeichnung dient die Abkürzung vor allem der Auffindbarkeit des Gesetzes und muss daher unverwechselbar sein. Sie muss sich also von den Abkürzungen aller übrigen, gleichzeitig geltenden Stammgesetze unterscheiden. Die Abkürzung soll nicht verändert werden, solange das Stammgesetz besteht.

342

Die Abkürzung wird in der Überschrift festgelegt. Sie wird aber weder im Vollzitat noch im Vorschriftentext verwendet, allenfalls in Tabellen oder Übersichten. Bedeutung hat sie insbesondere für die Suche in Datenbanken, in der Fachliteratur und für die Verständigung in Fachkreisen oder unter Betroffenen.

343

Die Abkürzung wird der Bezeichnung in Klammern angefügt.

Beispiele:
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG)
Umwandlungssteuergesetz (UmwStG)

344

Ist neben der Bezeichnung eine Kurzbezeichnung festgelegt, werden Kurzbezeichnung und Abkürzung der Bezeichnung nachgestellt und durch Gedankenstrich getrennt in Klammern gesetzt.

Beispiele:
Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz – ChemG)
Gesetz über die Haftung und Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden durch Seeschiffe (Ölschadengesetz – ÖISG)

345

Wichtiger Gesichtspunkt bei der Bildung der Abkürzung ist die Verwendbarkeit in der Datenbank des Bundesrechts bei juris (Rn. 29). Neue amtliche Abkürzungen sollen also mit dem für die automatisierte Dokumentation des Bundesrechts zuständigen Bundesamt für Justiz abgestimmt werden (Rn. 31, 645).

346

Die Abkürzung sollte genügend Ähnlichkeit mit dem Zitiernamen haben. Sind bestimmte Wörter in anderen Rechtsvorschriften bereits mit Kürzeln belegt, sind diese Kürzel zu verwenden (z. B. „Bew“ für Bewertung). Wenn Abkürzungen neuer Stammgesetze gebildet werden, ist daher zu prüfen, ob für die abzukürzenden Wörter bereits bestimmte Kürzel gebräuchlich sind. Ist das der Fall, sind diese zu übernehmen.

347

Die Abkürzung sollte aus Buchstaben oder Kürzeln, die höchstens Silbenlänge besitzen, gebildet werden. Abkürzungen müssen nicht als ein Wort aussprechbar sein. Leerzeichen und Sonderzeichen (z. B. Bindestriche) dürfen nicht verwendet werden.

348

In der Abkürzung gehört das den Rang angebende Kürzel an den Schluss. Es lautet:

  • „G“ für „Gesetz“
  • „GB“ für „Gesetzbuch“
  • „EG“ für „Einführungsgesetz“
  • „AG“ für „Ausführungsgesetz“
  • „DG“ für „Durchführungsgesetz“.

Durch diese Standortregel lässt sich der Rang mit maximal zwei Buchstaben allgemein verständlich abkürzen. Der zur Rangangabe verwendete Buchstabe „G“ kann auch noch an anderer Stelle der Abkürzung, dann aber mit anderem Bezug, verwendet werden (z. B. Gerichtsverfassungsgesetz – GVG, Urlaubsgeldgesetz – UrlGG).